Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Orale Immuntherapie
Sublinguale Immunstimulation
Parenterale Immunstimulation
Fazit
Quellen
Einleitung
Die zunehmende globale Problematik der antimikrobiellen Resistenzen, die unter anderem durch den präventiven Einsatz von Antibiotika verstärkt wird, führt zu einer wachsenden Notwendigkeit für alternative Behandlungsstrategien.
Insbesondere nicht-antimikrobielle Präventionsmaßnahmen, die das Immunsystem stimulieren, haben in der Literatur an Bedeutung gewonnen, insbesondere bei Patienten mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen (HWI). Dort kann die Symptomhäufigkeit deutlich reduziert werden.
In diesem Artikel beleuchten wir aktuelle Entwicklungen zur Impfstoff- und Immuntherapieansätzen, die Potenzial zur Reduktion der Harnwegsinfektionen bieten.
Orale Immuntherapie mit OM-89
Ein vielversprechender Ansatz stellt die orale Immuntherapie mit OM-89 (Uro Vaxom®) dar, die 6 mg lyophilisierte bakterielle Lysate von 18 verschiedenen E. coli-Stämmen enthält.
Mehrere systematische Reviews sowie Metaanalysen belegen die Wirksamkeit und Sicherheit von OM-89 zur Vorbeugung von rezidivierenden Harnwegsinfektionen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Harnwegsinfektions-freie Rate bei 52,6 % bis 87,5 % der Patienten unter OM-89 im Vergleich zu nur 50 % in der Placebogruppe liegt.
Nach einer Nachbeobachtungszeit von sechs Monaten wiesen 81,3 % bis 96,3 % der Patienten unter OM-89 keine Bakteriurie auf, während dieser Wert in der Placebogruppe bei 61,3 % bis 88,6 % lag.[1]
Darüber hinaus traten bei der Anwendung von OM-89 nur geringfügige unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf. Besonders erwähnenswert ist, dass der Beginn der Immuntherapie bereits während der Akuttherapie erfolgen kann und bei Bedarf eine Boosterung in den ersten zehn Tagen nach sechs bis neun Monaten sinnvoll ist.
Sublinguale Immunstimulation mit MV 140 (Uromune®)
Ein weiterer innovativer Ansatz ist die sublinguale Immunstimulation mit MV 140, die als glyzerinierte Suspension hitzeinaktivierter uropathogener Bakterien (darunter E. coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus vulgaris und Enterococcus faecalis) verfügbar ist.
Obwohl MV 140 derzeit in Deutschland nicht verfügbar ist, haben mehrere europäische Studien den Effekt dieses Präparats untersucht. Ein systematisches Review, das zwei retrospektive und drei prospektive Kohortenstudien umfasst, berichtet, dass MV 140 die Anzahl der Episoden rezidivierender Harnwegsinfektionen signifikant verringern und die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, dass Patienten über einen längeren Zeitraum beschwerdefrei bleiben. [2]
Parenterale Immunstimulation mit StroVac®
Das Immunprophylaktikum StroVac® (ehemals Solco-Urovac®) stellt eine weitere Alternative dar, besonders bei Frauen mit häufig rezidivierenden Zystitiden.
Der Impfstoff beinhaltet 10 inaktivierte uropathogene Bakterienstämme und wird parenteral in drei wöchentlichen Injektionen verabreicht. Die Studienlage zeigt eine Reduktion der Harnwegsinfektionen pro Patientenjahr um 26 % bis 93 % im Vergleich zur Placebogruppe. [3]
Es ist wichtig zu beachten, dass trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse eine prospektive, multizentrische, randomisierte und placebokontrollierte Studie keine statistisch signifikante Reduktion der Harnwegsinfektionen unter StroVac® im Vergleich zu Placebo zeigen konnte.
Dennoch wird die Impfung auch während der Akuttherapie und bei schwangeren Frauen als sicher erachtet.
Fazit
Die Entwicklung und Anwendung von Impfstoffen und Immuntherapien stellt einen vielversprechenden Fortschritt in der Prävention von Blasenentzündungen dar.
Diese Strategien könnten insbesondere in Bezug auf die zunehmenden antimikrobiellen Resistenzen als nützlich erachtet werden. Mit einer sorgfältigen Analyse der Sicherheit und Wirksamkeit dieser alternativen Ansätze könnten sie eine wertvolle Ergänzung zur bestehenden Behandlung von rezidivierenden Harnwegsinfektionen darstellen.
Die konsequente Forschung und klinische Anwendung dieser Methoden wird entscheidend sein, um zukünftige Fortschritte in der Harnwegsgesundheit zu unterstützen.
Zurück zur Übersicht
Quellen
[1] Taha Neto, K. A., Nogueira Castilho, L., & Reis, L. O. (2016). Oral vaccine (OM-89) in the recurrent urinary tract infection prophylaxis: a realistic systematic review with meta-analysis. Vacuna oral (OM-89) en la profilaxis de infección urinaria recurrente: una revisión sistemática realista con metaanálisis. Actas urologicas espanolas, 40(4), 203–208.https://doi.org/10.1016/j.acuro.2015.04.008
[2] Lorenzo-Gómez, M. F., Foley, S., Nickel, J. C., García-Cenador, M. B., Padilla-Fernández, B. Y., González-Casado, I., Martínez-Huélamo, M., Yang, B., Blick, C., Ferreira, F., Caballero, R., Saz-Leal, P., & Casanovas, M. (2022). Sublingual MV140 for Prevention of Recurrent Urinary Tract Infections. NEJM evidence, 1(4), EVIDoa2100018. https://doi.org/10.1056/EVIDoa2100018
[3] Nestler, S., Grüne, B., Schilchegger, L., Suna, A., Perez, A., & Neisius, A. (2021). Efficacy of vaccination with StroVac for recurrent urinary tract infections in women: a comparative single-centre study. International urology and nephrology, 53(11), 2267–2272. https://doi.org/10.1007/s11255-021-02987-4
Share:
Welches Antibiotikum bei Blasenentzündung
Blasenentzündung - eine Übersicht